Veränderungen im Mikrobiom der Haut können zur Entwicklung einer GVHD nach einer Stammzelltransplantation beitragen
Bei bis zu 70 Prozent der Patienten kommt es in den ersten Monaten nach einer Stammzelltransplantation zu Organschäden. Die genauen Gründe für diese potenziell lebensbedrohliche Reaktion sind seit langem Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Forscher um Georg Stary von der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien und des AKH Wien in Zusammenarbeit mit dem Ludwig Boltzmann Institut für seltene und nicht diagnostizierte Krankheiten haben kürzlich die Bakterienvermehrung auf der Haut als einen mit dem Auftreten der Komplikation assoziierten Faktor identifiziert. Die kürzlich in der Fachzeitschrift „Leukemia“ veröffentlichten Erkenntnisse tragen zur Erforschung und Entwicklung neuer Therapieansätze bei.
Zu ihren Erkenntnissen kamen die Forschenden, indem sie die Haut von 50 Patienten untersuchten, von denen die meisten an der Universitätsklinik für Knochenmarktransplantation der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien und des AKH Wien wegen Leukämie eine Stammzelltransplantation (SZT) erhalten hatten. In den ersten Wochen oder Monaten nach Erhalt der Stammzellen des Spenders kam es bei einigen Probanden zu einer Donor-versus-Recipient-Reaktion (Graft-versus-Host-Disease, GVHD). Bei der genauen Analyse der Mikroorganismen auf der Haut (Hautmikrobiom) der Betroffenen stellte das Forscherteam um Erstautorin Nadine Bayer und Studienleiter Georg Stary von der MedUni Wien und dem AKH Wien eine drastische Abnahme der Bakterienhäufigkeit fest. „Die Reduktion der Proliferation war bei schweren GvHD-Fällen besonders ausgeprägt – noch bevor Symptome auftraten“, berichtete Georg Stary über zentrale Erkenntnisse. Gleichzeitig beobachteten die Wissenschaftler bei Patienten mit GvHD ein vermehrtes Auftreten von Staphylokokken auf der Haut, also Bakterien, die schwere Infektionen verursachen können.
Die Reaktion betrifft fast immer die Haut
Trotz genauer Untersuchungen der Gewebeeigenschaften von Stammzellspendern und -empfängern sowie vorbeugender Medikation kommt es bei etwa 30 Prozent der Patienten nach Geschwisterspenden und bei etwa 70 Prozent der Patienten nach Spende von Fremdspendern zu einer GvHD. Diese Reaktion führt dazu, dass Körperzellen von neu entstandenen Immunzellen aus dem Transplantat als fremd angegriffen und Organe geschädigt werden. Die Komplikation betrifft fast immer die Haut: Erste Symptome sind meist Hautausschläge, die sich je nach Schweregrad als leichte Rötung oder stark entzündete Hautveränderungen mit Ablösung der obersten Hautschicht äußern können.
Dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms den klinischen Verlauf nach einer Stammzelltransplantation beeinflusst, war der medizinischen Forschung bereits bekannt. Mit der Identifizierung des Hautmikrobioms bei GvHD steht den Wissenschaftlern ein weiteres Instrument zur Verfügung, um verbesserte Behandlungsmaßnahmen zu erforschen und zu entwickeln.
Folgestudien sollen nun zeigen, ob die Veränderung des Hautmikrobioms möglicherweise zur Entstehung der GvHD beiträgt und ob sich aus den gewonnenen Erkenntnissen neue Therapieansätze identifizieren lassen.“
Georg Stary, Studienleiter
Mit Blick in die Zukunft arbeitet Georg Stary auch am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und am Ludwig Boltzmann Institut für seltene und nicht diagnostizierte Krankheiten.
Quelle:
Referenz:
Bayer, N., et al. (2022) Störungen der mikrobiellen Hautrekolonisierung und der kutanen Immunantwort nach allogenem Stammzelltransfer. Leukämie. doi.org/10.1038/s41375-022-01712-z.
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