Gesundheitssystem am Limit: Wer rettet die Krankenversorgung in Deutschland?

In einer aktuellen Analyse zur Finanzierung des deutschen Gesundheitssystems hat Gesundheitsökonom Prof. Dr. Thomas Kolb die Herausforderungen und notwendigen Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beleuchtet. Laut Kolb belaufen sich die GKV-Ausgaben für das Jahr 2024 auf etwa 327 Milliarden Euro, wobei ein Drittel dieser Ausgaben auf die stationäre Versorgung entfällt. Ein weiteres Drittel wird für ambulante ärztliche Leistungen und verordnete Arzneimittel aufgewendet. Die gesamten Gesundheitsausgaben, einschließlich der privaten Krankenversicherung (PKV) und Eigenanteilen, liegen bei ca. 500 Milliarden Euro jährlich, was 13% des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Kolb diskutierte darüber hinaus die Notwendigkeit, die Sozialversicherungsbeiträge im Blick zu behalten, um die Lohnkosten der Zukunft nicht zu belasten.
Im Rahmen seiner Ausführungen empfahl Kolb unter anderem die Integration der PKV in die GKV sowie die Einbeziehung weiterer Einkunftsarten in die Bemessungsgrundlage der Krankenkassenbeiträge. Auch eine teilweise Änderung der kostenlosen Mitversicherung von Familienangehörigen sollte erwogen werden. Ein vorgeschlagenes Primärarztsystem könnte zur besseren Patientensteuerung und mehr Transparenz im System beitragen. Höhere Zuzahlungen wurden als Mittel zur Schaffung von Transparenz betrachtet, jedoch scheiterte die Einführung einer Patientenquittung an mangelndem Interesse der Versicherten. Kolb äußerte sich auch kritisch zu übermäßigen bürokratischen Dokumentationspflichten.
Finanzierung und Ausgaben des Gesundheitssystems
Die Finanzierungsstruktur der GKV zeigt, dass 2022 etwa 53% der Gesundheitsausgaben auf die gesetzliche Krankenversicherung entfielen. So trugen die Sozialversicherungsträger über zwei Drittel der Ausgaben, während die private Krankenversicherung lediglich 7,7% ausmachte. Die GKV selbst verzeichnete 2022 Ausgaben von knapp 289 Milliarden Euro, wobei die größten Leistungsausgaben in den Bereichen Krankenhausbehandlung (32,1%), Arzneimittelversorgung (17,8%) und ambulante ärztliche Behandlung (16,8%) lagen. Die GKV wird durch paritätische Beiträge von Versicherten und Arbeitgebern finanziert, mit einem allgemeinen Beitragssatz von 14,6% des Bruttoarbeitseinkommens sowie einem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 1,7% im Jahr 2024.
Hinzu kommt, dass ein Bundeszuschuss zur GKV seit 2004 besteht, welcher 2017 auf 14,5 Milliarden Euro pro Jahr festgeschrieben wurde. Zuzahlungen für GKV-Leistungen betragen 10% der Kosten, wobei diese zwischen mindestens 5 Euro und maximal 10 Euro pro Leistung liegen. Im Jahr 2022 waren 276.000 Versicherte von Zuzahlungen befreit, darunter 4,38 Millionen chronisch Kranke. Während die private Krankenversicherung (PKV) auf individuellen Risikofaktoren basiert, steigen deren Prämien mit dem Alter, wobei die Einkommenshöhe keine Rolle spielt. Politische Kontroversen um die GKV und PKV drehen sich vor allem um subjektive Gerechtigkeitsdefizite, während Vorschläge für eine Bürgerversicherung zur Behebung dieser Ungerechtigkeiten im Raum stehen.